Beim Politischen Aschermittwoch der Kronacher Sozialdemokraten sprach Kreisvorsitzender Ralf Pohl. Er griff die Union in Bund, Land und im kommunalen Bereich an.
Gasthaus statt Bierzelt, Seidla statt Maßkrug. Es gibt Unterschiede zwischen dem Politischen Aschermittwoch in Ziegelerden und den folkloristischen Veranstaltungen in Niederbayern. Doch das Derblecken versteht man auch im Landkreis. Das beherrschende Thema der Kundgebung der Sozialdemokraten war erwartungsgemäß – sieben Monate vor den Wahlen – die erhofften Regierungswechsel in München und Berlin.
Ausgerichtet wurde die Traditions-Veranstaltung heuer vom SPD-Ortsverein Ziegelerden. Der Saal im Gasthaus Hanna war gut gefüllt, die Stimmung im Publikum gut. Wer gekommen war, um deftige rhetorische Kost zu hören, wurde nicht enttäuscht. Für den Kreisvorsitzenden Ralf Pohl ist Ministerpräsident Horst Seehofer ein „Drehhofer“ und CSU die Abkürzung für „Chaotisch“, „Schwankend“ und „Unsozial“.
Marina Schmitt, SPD-Fraktionsvorsitzende im Kronacher Stadtrat, stimmte mit einer kurzen, aber heftigen Verbalattacke in Richtung des politischen Gegners auf den Abend ein. Die Ereignisse in München und Berlin, wo sich die Regierungsparteien insbesondere mit sich selbst beschäftigten, lieferten schließlich – ihrer Meinung nach – genügend Steilvorlagen für Angriffe. Doch nicht nur die große Politikbühne bekam ihr Fett weg. „Wenn ich sehe, wie die Schwarzen und die so genannten freien Wähler in Kronach mit dem Etikett einer bürgerlichen Koalition kokettieren, wollen wir als SPD lieber unbürgerlich sein. Das wollten wir auch bei unserem Rathaussturm, wo wir als Unbürgerliche unterwegs waren, zeigen“, schimpfte sie.
Auch Ralf Pohl gelang es schnell, das Publikum mitzureißen. Der SPD-Landtagskandidat hatte sich insbesondere auf Horst Seehofer (CSU) eingeschossen, der wie ein Fähnchen im Wind seinen Kurs wechsle und ein Wendemanöver nach dem anderen starte. Die Themen seiner Kehrtwenden reichten von der Wehrpflicht über den Donauausbau und die Studiengebühren bis zur Energie und Atomkraft. „Die Studiengebühren wurden unter Ministerpräsident Stoiber eingeführt und von Seehofer in den Koalitionsvertrag mit der FDP hineingeschrieben. Seit dem Volksbegehren stattgegeben wurde, ist Seehofer nun für die Abschaffung der Studiengebühren“, wetterte Pohl. Die CSU wiederum habe im Bayerischen Landtag gegen die Abschaffung der Studiengebühren gestimmt. „In Berlin bin dafür, ich München bin ich dagegen. Seehofer verändert seine Meinung, wie der Wind sich dreht. Keiner weiß, wofür er steht“, polterte der Aschermittwochs-Redner. Die Gebührenfreiheit an Universitäten dürfe nur ein erster Schritt sein. Auch Kindergarten- und Kinderkrippen-Plätzen müssten kostenfrei werden. „Deutschland hat nur einen wichtigen Rohstoff, nämlich unsere hoch qualifizierten Arbeitnehmer. Deshalb ist in Bildung angelegtes Geld gut angelegtes Geld“, so Pohl unter dem Applaus des Publikums.
Ein weiteres durchsichtiges Manöver im bayerischen Vorwahlkampf sei die Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich. Bayern fühle sich als mit Abstand größtes Geberland benachteiligt. An einer Neuregelung ab 2020 sollten alle Länder gemeinsam arbeiten, anstatt sich mit Klagen zu überziehen, forderte Pohl und ergänzte, dass Bayern schließlich über 35 Jahre von der Regelung profitiert habe. Nunmehr klage man gegen seine eigene Regelung. Pohl schimpfte weiter: „Die CSU nennt sich Partei der Kirche. Gleichzeitig spricht sie sich gegen den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro aus.“ Seiner Meinung nach sei diese Untergrenze unverzichtbar und auch wirtschaftlich tragbar. Immer mehr Menschen müssten aufstocken, weil ihr Lohn nicht zum Leben reiche. „Mit der CSU ist eine Ordnung am Arbeitsmarkt, die wir so dringend brauchen, unmöglich. Hier hat die CSU Staatsregierung total versagt“, donnerte er und forderte die Herstellung gleicher Lebensbedingungen, was in Bayern primäres Ziel sei. „Unsere Region blutet aus, während in Oberbayern neue Städte entstehen. Bei uns stehen die Wohnungen leer, in München explodieren die Mieten“, so Pohl weiter.
Eine Partei, die wie die CSU über 50 Jahre lang regieren durfte, müsse sich an den Ergebnissen messen lassen – und nicht an Absichten oder Parolen. Mit Christian Ude, der seit 1993 als Oberbürgermeister die bayerische Landeshauptstadt regiert, schicke die SPD den besten und beliebtesten Kandidaten für das Ministerpräsidenten-Amt ins Rennen. Die Zeit für den Wechsel sei reif.
Marina Schmitt bedankte sich für die „interessante und kompetente Rede“. Die Bundes- und Landespolitik schlage sich auch unmittelbar auf kommunaler Ebene nieder. Auch in der Stadtpolitik gehe es um gleiche oder davon abgeleitete Themen.Dem offiziellen Teil folgte traditionell ein gemeinsames Fischessen.
Heike Schülein, Fränkischer Tag Kronach, 15.02.2013