SPD Ortsverein Höfles-Vogtendorf

Die erste vorliegende Quelle über sozialdemokratische Aktivitäten in Höfles/Vogtendorf stammt aus dem Jahre 1903 und betrifft die Ankündigung einer öffentlichen Wählerversammlung der Sozialdemokraten am 17. Mai im Gasthaus Johann Wich in Höfles. Reichstags-Kanditat Anton Walter von Coburg wird dabei mit dem Thema "Die bevorstehenden Reichstags-Wahlen" angekündigt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sollte dabei auch die Anwesenheit Josef Seelmanns anzunehmen sein, zumal die Sozialdemokraten aus Höfles/Vogtendorf bis 1913 in der Regel der Sektion Kronach angehört haben dürften.

Dass in dieser frühen Zeit in der Doppelgemeinde bereits organisierte Genossen anzutreffen sind, zeigt indirekt ein Bericht in der "Fränkischen Volkstribüne" über die Maifeier des Jahres 1904 in Kronach, in dem von einem Mittagsspaziergang der Kronacher Sozialdemokraten am 1. Mai nach Unterrodach und Vogtendorf die Rede wohl um die dortigen Genossen mit einzubinden.

Auch die Gewerkschaftsbewegung hält in Höfles/Vogtendorf relativ frühzeitig Einzug, als die Flößer von dort im Dezemberg 1906 eine Zahlstelle des sozialdemokratisch orientierten "Hafenarbeiterverbandes" gründen und eng mit ihren Kollegen aus Neuses und Oberrodach zusammenarbeiten, wo ebenfalls eigenständige Ortsgruppen bestehen. Die drei Zahlstellen wiesen bereits Anfang 1908 die erstaunliche Zahl von 180 Gewerkschaftsmitgliedern auf.

Einige Jahre vor der offiziellen Entstehung der sozialdemokratischen Organisation in der Doppelgemeinde bildet sich schon ein "Arbeiter-Turnverein Höfles und Vogtendorf", der am 18. Januar 1908 zu einen Ball in den "Bayerischen Hof" nach Kronach einläd und dazu extra eine Einladung an den "ballerfahrenen" Arbeiter-Gesangverein Kronach sendet. Der rührige Arbeiter-Turnverein Höfles/Vogtendorf findet in den Quellen häufiger Erwähung und leistet neben seinem Bruderverein aus Stockheim am 30. Oktober 1909 sogar Geburtshilfe bei der beabsichtigten, doch zunächst noch vergeblichen Gründung des Kronacher Arbeiter-Turnvereins.

Die wichtigsten Aktivitäten der Höfles/Vogtendorfer Arbeiterbewegung fallen jedoch in das Jahr 1913, in dem die sozialdemokratische Sektion Höfles/Vogtendorf gegründet wird und ein Arbeitergesangverein ensteht, der in seiner Regsamkeit dem Arbeiter-Turnverein in nichts nachsteht. Während das exakte Gründungsdatum des SPD-Ortsvereins bislang unbekannt bleibt, die Entstehung jedoch dem Rechenschaftsbericht Seelmanns bei der Wahlkreiskonferenz am 24. Mai 1914 über das abgelaufene Berichtsjahr (ab April 1913) zu entnehmen ist, liegen über den Arbeiter-Gesangverein mehr Informationen vor. Dieser wird am 6. Juli 1913 von 26 Mitgliedern gegründet und scheint seine Versammlungen hauptsächlich im Gasthaus Reif in Höfles abgehalten zu haben.

Das "1. Stiftungsfest", das der Arbeiter-Gesangsverein am 28. Juni 1914 zusammen mit dem Arbeiter-Turnverein "im Reif'schen Garten zu Höfles" begeht, bringt viele auswärtige Gäste nach Höfles/Vogtendorf und stellt die mit Abstand größte Veranstaltung der hiesigen sozialdemokratischen Arbeiterbewegung vor dem Ersten Weltkrieg dar. Allein die Ankündigung umfasst acht Programmpunkte (Frühschoppen mit Konzert, Emfpang auswärtiger Gäste, Festzug, Begrüßungslied, Festrede, Gesangsvorträge und turnerische Übungen, Konzert, Ball), die einen Festablauf vom frühen Morgen bis zum späten Abend versprechen.

Die Sozialdemokratie in der Doppelgemeinde hat damit also in der ersten Hälfte des Jahres 1914 den Höhepunkt ihrer Vorkriegsentwicklung erreicht, was sich bereits bei den letzten Reichstagswahlen 1912 ankündigte und dann im zweiten Wahlgang alle bisherigen Resultate in den Schatten stellte. Schwankten die Stimmabgaben für die sozialdemokratischen Kandidaten in der Vergangenheit meist zwischen 20 und gut 50% (bis einschl. 1907 zusammen mit Unterrodach), so knüpft Seelmann 1912 in Höfles/Vogtendorf bereits im ersten Wahlgang mit 52% an die bisherigen Höchstmarken an, um dann in der Stichwahl ein Rekordergebnis von 73,3 % einzufahren.

An den Arbeiterwählern von Höfles und Vogtendorf hat es wahrscheinlich nicht gelegen, wenn Josef Seelmann 1912 trotzdem seinem Zentrums-Gegner Pfeiffer (wenn auch nur relativ knapp) unterlag und den Einzug in den Reichstag damit verpasste.