SPD Ortsverein Kronach

Bei der Suche nach frühen Repräsentanten der Sozialdemokratie in Kronach stößt man in überörtlichen Quellen immer wieder auf den Namen Tobias Wirth, dem von der in Nürnberg herausgegebenen "Fränkischen Tagespost" sogar der Ehrentitel des "ersten Socialdemokraten in Kronach" verliehen wurde. Tobias Wirth, am 24. Oktober 1851 geboren, gehörte zu den Gründungsmitgliedern des sozialdemokratisch bestimmten "Wahlvereins zur Erzielung volksthümlicher Wahlen", der am 30. Juni 1887 in Marktzeuln anstelle der verbotenen Partei entstand.

Tobias Wirth, der am 12. November 1890 verstarb, besaß Anerkennung in Kronach und in weiten Kreisen der bayerischen Gesamtpartei. Die Liste der bisher bekannten Kronacher Vorkämpfer der Arbeiterbewegung umfasst neben Tobias Wirth noch Georg Bauer, Theodor Böttner, Karl Bretternitz, Louis Gröbe, Andreas Müller und Richard Schmidt. Auch sie arbeiteten trotz Sozialistengesetz aktiv in überörtlichen Gremien mit und leisteten dadurch einen nachhaltigen Beitrag für den bemerkenswerten Aufstieg der Partei bei den Wahlen. Insbesondere der "Wahlverein zur Erzielung volksthümlicher Wahlen" in Marktzeuln erwies sich als zukunftsweisende Organisationsform, die dem Sozialistengesetz elegant auswich. Auf diese Weise entstand 1887 im Wahlkreis Kronach ein vorbildliches Organisationsgeflecht mit der Zentrale Marktzeuln, dem heimlichen Zentrum Schney und zahlreichen Einzelmitgliedern in verschiedenen Gemeinden des Amtsbezirks Kronach.

Beim Vergleich sozialdemokratischer Wahlergebnisse mit den umliegenden Städten schneidet Kronach in dieser Zeit recht vorteilhaft ab, weist es 1878 zum Beispiel viermal mehr sozialdemokratische Wählerstimmen als Lichtenfels auf. Der sozialdemokratische Ortsverein Kronach wurde am Sonntag, den 18. November 1900 im Gasthaus "Goldener Hirsch" gegründet. Trotz des Verschweigens der Gründung durch die örtliche Presse und Störmanövern im Vorfeld wurde die Gründungsversammlung ein voller Erfolg. Einschließlich Vorstand Max Roßmell und Hermann Werner, Kassier Peter Weber sowie den beiden Schriftführern Johann Birnstiel und Wilhelm Stich umfasste der Ortsverein bereits am Gründungstag mehr als 50 Mitglieder. Die Kronacher Sozialdemokratie erfüllte damit eine Vorreiterrolle im gesamten heutigen Landkreis und wurde zum Impulsgeber für die weitere organisatorische Entwicklung der Sozialdemokratie in der Region. Die Persönlichkeiten in der Partei und in der mit ihr verbundenen Gewerkschaft standen dazu bereit.

Der leider zu früh verstorbene Tobias Wirth fand in Josef Seelmann einen würdigen Nachfolger. Mehr noch: Mit Josef Seelmann erhielt die Arbeiterbewegung von Kronach und Umgebung reichsweite Anerkennung. Erst mit diesem persönlich eher bescheidenen, aber hart für die Proletariersache kämpfenden Partei- und Gewerkschaftsführer begann der entscheidende organisatorische Aufstieg der Kronacher Sozialdemokratie. Josef Seelmann besaß die Herzen der kleinen Leute, verstand als Arbeiter ihre Sprache und vertrat ihre Interessen in all den Gremien, in die er gewählt worden war, sehr wirksam. Als geschätzter Referent auf unzähligen Versammlungen, als gefeierter Festredner bei hohen Partei- und Gewerkschaftsfesten wusste er die Zuhörer zu fesseln und brauchte sich keinesfalls hinter den Größen der Partei zu verstecken. Doch er beherrschte auch die Gabe der Vermittlung etwa bei Arbeitskämpfen und bei den damals noch seltenen Tarifverhandlungen.

Nach einer Entlassungswelle Kronacher Unternehmen gegen die Anhänger der Sozialdemokratie im Jahr 1902, durch die Auch Josef Seelmann seine Anstellung verlor, reifte die Idee eines zentralen Arbeitersekretariats und Gewerkschaftskartells in Kronach mit Seelmann als hauptamtlichem Sekretär. Trotz finanzieller Probleme wurde das Vorhaben kurz darauf in die Tat umgesetzt. Mit dem Arbeitersekretariat betritt die Sozialdemokratie in Kronach Neuland und marschiert organisatorisch mit an der Spitze der Entwicklung der Gesamtpartei. Die Führung der Partei im Wahlkreis ging nach 1905 sogar von Schney auf die Kronacher Genossen über.

Auf dem Parteitag der nordbayerischen Sozialdemokraten 1913 in Nürnberg wurde Seelmann von den Delegierten sogar zum Vorsitzenden der Veranstaltung gewählt. Seelmann sorgte dafür, dass sich seine Partei im Wahlkreis der Frauenbewegung öffnete und unterstützte auch den Aufbau einer sozialdemokratischen Jugendbewegung. Während die Partei bei Errichtung des Arbeitersekretariats im Wahlkreis Kronach 1903 weniger als 100 Mitglieder zählte, waren es 1907 bereits 795 Genossen und 1914 insgesamt 1421 Parteimitglieder.

Selbstverständlich erweckte ein solch fähiger Mann auch im heimischen Bereich Aufmerksamkeit und Seelmann gelang als erstem Sozialdemokraten am 7. Dezember 1908 der Einzug in den Gemeinderat. Er vermochte diese Position 1911 mit einem noch besseren Ergebnis sogar auszubauen. Mit Peter Weber schaffte in diesem Jahr dann noch ein zweiter Sozialdemokrat den Sprung in die Bürgervertretung.

Die Entwicklung der Kronacher SPD nach dem 1. Weltkrieg

Zwischen 1919 und 1933 gehörten u.a. die SPD-Mitglieder Seelmann, Grau, Wolf, Jakob und Rittmann dem Kronacher Stadtrat an.

Nach dem Untergang des Nationalsozialismus und dem Ende des 2. Weltkriegs erfolgte der demokratische Neubeginn mit der Gründung des SPD-Unterbezirks Kronach am 14.10.1945 in der Kreisstadt unter der Leitung von Julius Herzog.

Am 18. November 1945 erfolgte dann die Wiedergründung des SPD Ortsvereins Kronach. Zu den Gründungsmitgliedern zählten u.a. Hans Heinz (1. Vorsitzender) Julius Herrmann, Josef Schneider, Hans Schreppel, Karl Preißinger, Hans Wich und Georg Geißer. Seine Hauptaufgaben sah der SPD-Ortsverein in der Arbeitsbeschaffung, der Wohnungs- und Nahrungsmittelversorgung sowie der Entnazifizierung.

Am 27. Januar 1946 stellte sich die SPD den ersten freien Kommunalwahlen und wurde zweitstärkste Partei. Sie stellte mit Hans Schreppel den 3. Bürgermeister sowie vier Stadträte.

In den Kommunalwahlen 1948 konnte die SPD ihren Stimmenanteil noch verbessern und es gelang, mit Konrad Popp zum ersten Mal in Kronach den 1. Bürgermeister zu stellen. Er leitete die Geschicke der Stadt 22 Jahre lang. Zur SPD-Stadtratsfraktion gehörten vor 1956 u.a. Karl Preißinger Paul Müßig Christoph Müller und Wilhelm Kreiner. Josef Kreier war 3. Bürgermeister.

Nach 1946 waren Stadträte u.a. Georg Rüger, Konrad Rahmling Theo Greim Albin Demmler und Georg Simon. Von 1966 bis 1982 stellte der SPD-Ortsverein einen Bundestagsabgeordneten. 1975 bildete sich eine Frauengruppe im SPD-Ortsverein unter der Leitung von Erna Schimmer und Carola Lippold.

Seit der Gemeindegebietsreform von 1978 gehören zum Stadtgebiet Kronach auch die SPD-Ortsvereine Fischbach, Gehülz, Höfles-Vogtendorf Neuses und Ziegelerden. Dazu kam 1983 der Ortsverein Gundelsdorf-Knellendorf-Glosberg.

1984 wurde mit Manfred Raum endlich wieder ein SPD-Bürgermeisterkanditat aufgestellt, der bis 1990 auch den Ortsverein führte. Seinen Bemühungen ist es u.a. zu verdanken, dass 1985 auch in Friesen ein SPD-Ortsverein gegründet werden konnte.

Bei den Kommunalwahlen am 18.03.1990 gelang Manfred Raum der Wahlsieg und zum zweiten Mal in der Geschichte der Stadt Kronach stellt damit die SPD den 1. Bürgermeister. In der Kommunalwahl 1996 konnte er dieses Amt gegen Heinz Hausmann von der CSU behaupten.

Aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat konnte mit Gehard Seuling 1990 ein weiteres Ortsvereinsmitglied zum 2. Bürgermeister gewählt werden. Das Amt hatte er bis 1996 inne. Gehard Seuling gelang es am 14. Oktober 1990 auch der Einzug in den oberfränkischen Bezirkstag. 1994 und 1998 konnte er diesen Erfolg wiederholen und wurde 1999 zum Vizepräsidenten des oberfränkischen Bezirkstages gewählt.

Die SPD-Ortsvorsitzenden von Kronach nach 1945:

1945 Hans Heinz

? Konrad Geißer

1953-? Sigmund Fili

? Heinrich Beetz

1959-1962 Georg Simon

1962-1963 Heinz Lange

1963-1969 Georg Bittermann

1969-1978 Karl Klopfer

1978-1982 Willi Habicht

1982-1983 Werner Pfeiffer

1983-1984 Karl H. Fick

1984-1990 Manfred Raum

1990-1999 Walter Schnizel Lang M.A.